Freitag, 14. August 2015

Interview mit dem Buchautor Falk Stirkat plus Rezension

Diesmal konnte ich ein Interview der "etwas anderen Art" führen, denn Falk Stirkat ist hauptberufli h Notarzt und hat ein sehr interessantes Buch über seine Arbeit geschrieben. Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit hatte, den sehr sympathischen Arzt zu interviewen.

Eine Rezension zu seinem Buch findet Ihr ebenfalls auf meinem Blog.



1.) Lieber Falk, Sie sind ja nicht hauptberuflich Autor, sondern Notarzt. Erzählen Sie doch kurz, wie Sie zu diesem Beruf kamen.

Hallo! Vielen Dank für Ihr Interesse an meinem Buch! 
Stimmt. Hauptberuflich bin ich tatsächlich Arzt, Notarzt besser gesagt. 
Eigentlich wollte ich gar nicht immer Notarzt werden, sondern ursprünglich Chirurg. Als ich im Rahmen meiner Ausbildung dann aber auf der Intensivstation eingeteilt wurde waren da viele Kollegen, die ihre Brötchen als Notarzt verdienten und deren Geschichten, deren Arbeitsalltag und auch deren Ruhe in ziemlich haarigen Situationen beeindruckte mich. 
Egal was passierte. Nichts schien den anderen Ärzten den Schweiß auf die Stirn zu treiben. Sie meisterten alle kritischen Situationen, die auf so einer Intensivstation schon von Zeit zu Zeit vorkommen, souverän und problemlos. Mein Interesse war geweckt, und so entschied ich mich die Ausbildung zum Notarzt zu beginnen. 
Im Prinzip kann jeder approbierte Mediziner Notarzt werden. Notwendig sind bestimmte Weiterbildungsrotationen in Notaufnehmen und Intensivstation, sowie ein spezieller Notarztkurs, der die wichtigstenTechniken und Probleme der Notfallmedizin vermittelt. 
Außerdem ist es Pflicht vorher bei einem erfahrenen Notarzt zu hospitieren um sich einen Überblick über die praktischen Aspekte des Berufes machen zu können. 
Nachdem ich die Voraussetzungen erfüllt hatte musste ich noch zur Prüfung vor der Landesärztekammer antreten und nachdem die bestanden war gings los!
Seither möchte ich nichts anderes mehr tun.


2.) Wann bzw. wodurch kamen Sie auf die Idee, ein Buch über Ihre Arbeit zu schreiben?

Ich beschäftige mich schon länger mit dem Schreiben. Vor ‚Ich kam, sah und intubierte‘ hatte ich mich schon an einem Lehrbuch versucht, das heute im Huber Verlag erhältlich ist. Außerdem liegen in meiner Schublade drei, vier Romane, mit deren Qualität ich allerdings nicht so ganz zufrieden bin, sodass die wohl da auch bleiben werden. Tatsächlich ist es aber doch so, dass der ‚gemeine Autor‘ eine Geschichte um ein bestimmtes Thema aufbaut. Ob Liebe, Mord, Gewalt oder sonst was - irgendein beherrschendes Thema gibt es immer. Und dann sind dann noch die Protagonisten - Menschen mit interessanten Lebenswegen, die aber für den Leser realistisch und nachvollziehbar sein müssen, damit die ganze Sache nicht gestellt wirkt. 
Irgendwann begriff ich, dass mir all diese Zutaten für ein gutes Buch jeden Tag aufs neue im echten Leben begegnen. Wenn wir zum Einsatz fahren holen wir die Menschen eigentlich immer an einem Punkt in ihrem Leben ab, der tragischer nicht sein könnte - am Scheideweg so zu sagen. Und dann versuchen wir zu helfen und das Schicksal in die richtigen Richtung zu drängen - manchmal funktioniert das, manchmal leider nicht. Aber im Prinzip sind wir immer dann da, wenn es für den einzelnen schlecht aussieht. 
Wenn man nun noch ein paar Fragen stellt und versteht warum die Menschen in diese Situationen gekommen sind, dann hat man oft die besten Geschichten und muss sich nichts mehr dazu dichten. Manches von dem, was ich im Buch verarbeitet habe ist so krass, dass man es dem Autor in einem fiktiven Werk wahrscheinlich gar nicht abnehmen würde. 


3.) Bücher über Ärzte/Notärzte sind ja allgemein sehr beliebt geworden. Was glauben Sie, woran das liegt?

Ich glaube dass unsere Arbeit für die meisten Menschen eine Art Mysterium ist. Bei den meisten Menschen beginnt doch sofort eine Art Kopfkino wenn der Krankenwagen mit Tat-tata vorbeirauscht. ‚Was ist da wohl passiert? Hoffentlich keiner den ich kenne?‘ und so weiter und sofort. Da überkommt einen oft so eine Art Grusel und die Haare stehen zu Berge. Viele Menschen wissen dann aber doch gar nicht was wirklich hinter unserer Arbeit steht. Wann und warum der Rettungsdienst ausrückt und welche Möglichkeiten wir haben. Wieso wir oft die Autobahn so lange zulassen müssen und warum wir auch mit Blaulicht fahren, wenn es augenscheinlich gar nicht sein muss. Ich glaube, dass die Leser solcher Bücher einfach fasziniert sind von den Situationen in die professionelle Retter kommen und mehr darüber erfahren wollen. Außerdem kommt natürlich hinzu, dass Bücher wie ‚Ich kam, sah und intubierte‘ authentisch sind. Obwohl deren Unterhaltungswert in aller Regel hoch ist, man sich also nicht unbedingt beim Lesen langweilen muss, sind die Geschichten wirklich passiert. Das macht vermutlich die Faszination an solchen Büchern aus. 

4.) Was ist das Besondere an Ihrem Beruf, was bedeutet Ihnen Ihre Arbeit bzw. was fasziniert Sie daran?

Uhhh, komplizierte Frage. Das Besondere am Arzt sein ist, klar, dass man über das Wissen und die ‚Skills‘ verfügt Menschen in Extremsituationen zu helfen. Es ist eine kaum beschreibbare Erfahrung, wenn ein Patient, der eingangs kaum Luft bekommt, blaue Lippen hat und schon gar nicht mehr richtig ansprechbar ist, nach der Akutbehandlung wieder Luft bekommen. 
Das ist wirklich unglaublich. 
Das Gefühl für den Erkrankten und seine Umgebung eine Art Rettungsanker zu sein, auf den man sich verlassen kann, ja in dem Fall muss, geht natürlich mit einer Menge Verantwortung einher, ist aber nicht mit Gold aufzuwiegen. 
Aber auch der Arbeitsalltag eines Notarztes ist faszinierend. Gerade sitzt man noch mit den Kollegen auf der Wache, scherzt und unterhält sich darüber, wie lange der Bayerntrainer sich noch halten kann, und eine Minute später ist man auf dem Weg zu einem Menschen, dessen Leben nun von den Entscheidungen abhängt, die man in den nächsten zehn Minuten trifft. 
Das  ist ein unheimlich intensives Leben und das ganze funktioniert auch nur, wenn man ein Team hat, das man gut kennt und auf das man sich verlassen kann. 
Im Grunde ist es aber tatsächlich dieses enorm schnelle Umschalten von null auf hundert in Sekunden, was den Reiz für mich darstellt. 
Manchmal ist den ganzen Tag nichts los, man diskutiert über die Pläne für das Abendessen und zack - plötzlich geht der Melder an und schickt uns zu einem Autounfall mit fünf beteiligten Fahrzeugen und acht Schwerverletzten. Wie gesagt - ein sehr intensives Leben.

5.) Glauben Sie, dass Ärzte z.B. in amerikanischen Serien, also sowas wie Emergency Room usw überzogen dargestellt werden?
Nein, gar nicht. Wir haben alle das Clooney-Gen. 
Vielleicht untertreiben die sogar noch …
Im Ernst: Kommt tatsächlich darauf an in welcher Serie. Sie erwähnen ER. Das ist tatsächlich sehr realistisch und wurde meines Wissens sogar in einigen amerikanischen Universitäten als Unterrichtsmaterial benutzt. Klar, die ganze Medizin ist heute viel weiter und wenn ich mir die alten Folgen anschaue, dann muss ich manchmal schmunzeln über das, was man damals so ‚fabriziert‘ hat. 
Ander  Serien sind weniger realistisch. Scrubs, Grey’s oder House beispielsweise. 
Da steht schon sehr die Dramaturgie im Vordergrund. Ganz so schlimm ist es nicht. Die Dinge, die passieren können, und die ich auch in meinem Buch verarbeitet habe sind aber schon manchmal filmreif. Nur dass bei uns nicht jeden Tag eine Katastrophe passiert - nur manchmal.

6.) Ist eine Fortsetzung Ihres Buches irgendwann mal geplant? (würde ich toll finden?)

Na ja, das kann man jetzt natürlich noch nicht sagen. Kommt darauf an wie das Buch so läuft. Tatsächlich habe ich aber mittlerweile ein kleines Notizbuch dabei, in dem ich mir jeden einzelnen Einsatz mit dessen Besonderheiten notieren. Wer weiß wozu das gut ist …
Im Winter kommt aber voraussichtlich das Buch: ‚111 Gründe den Arztberuf zu lieben - Eine Hommage an einen Beruf,  der Berufung ist‘ (Arbeitstitel) heraus. Auch diesmal im Schwarzkopf und Schwarzkopf Verlag. Es geht um ganz verschiedene Aspekte des ‚Arzt Seins‘, teils wieder lustig und auch manchmal nachdenklich. 
Ob es eine direkte Fortsetzung von ‚Ich kam, sah und intubierte‘ geben wird weiß ich noch nicht.
  
7.) Wie kamen Sie auf den ungewöhnlichen aber sehr originellen Titel "Ich kam sah und intubierte?" :-)

Gute Frage.
Das kann ich gar nicht mehr so genau sagen. Es ist schwierig einen Titel für ein solches Buch au finden. Es war wichtig zu zeigen, dass es sich nicht um bitterernste Lektüre handelt und den Leser auch ein Bisschen Unterhaltung erwartet. Außerdem sollte der Titel natürlich auch Aufmerksamkeit auf sich ziehen. 
Rausgekommen ist dann eben ‚Ich kam, sah und intubierte!‘, was den Kern einiger Einsätze ganz gut trifft. 



8.)  Was bedeutet Ihnen Schreiben? War das Schreiben Ihres Buches Neuland für Sie, oder haben Sie vorher schon geschrieben?

Ich bin oben ja schon kurz darauf eingegangen. Schreiben ist sehr wichtig für mich. Vor diesem Buch war es mehr Hobby, jetzt hoffe ich es wenigstens zum ‚Nebenjob‘ machen zu können. Ich habe viel von meinem Freund Rainer Wekwerth gelernt, der ganz tolle Jugendbücher schreibt und junge Autoren unterrichtet. 
Auf Neuland habe ich mich also nicht begeben. Trotzdem war die Professionalität eines richtigen großen Verlages natürlich ungewohnt für mich. Ungewohnt, aber ziemlich cool. Es macht Spaß als Autor ernst genommen zu werden und ich hoffe sehr, dass ‚Ich kam sah und intubierter‘ erst der Anfang ist. 
Es sind glücklicherweise schon wieder einige Projekte in der Pipeline und ich hoffe das eine oder andere an den Mann bringen zu können. 
Jetzt bin ich aber momentan sehr beschäftigt mit dem aktuellen Buch. Einige Fernsehsender haben Interesse gezeigt und ich bin froh und dankbar, dass die Sache in den Medien so gut ankommt. Das werde ich nun erstmal genießen und dann schauen wir einfach mal was kommt...

9.) Sind auch Lesungen mit Ihnen geplant?

Ja. Die Buchhandlung Lehmanns hat mich zu einer Lesereise eingeladen. Auf Facebook und auf meiner Homepage www.falkstirkat.de kann man sich über die Termine informieren und auch über alles andere auf dem Laufenden bleiben. Stationen der aktuellen Lesereise sind beispielsweise Gießen, Leipzig, Erlangen, München, Heidelberg und Greiz. 
Ich würde mich sehr freuen ein paar Leser dort begrüßen zu können und mit dem einen oder anderen ins Gespräch zu kommen. 
10.) Und wenn ja, gibt es schon konkrete Termine bzw wo werden diese bekannt gegeben?

 Wie gesagt: Bei Facebook (einfach Falk Stirkat eingeben und Liken) oder auf meiner Homepage gibt es die Termine in komprimierter Form und auch Updates wenn noch was dazu kommt.

Ich möchte mich nochmals bei Ihnen für Ihr Interesse an ‚Ich kam, sah und intubierte‘ bedanken.
Ich habe zu danken, lieber Falk, und wünsche Ihnen für Ihr Buch viele interessierte Leser! 


Und hier ist meine Rezension zu dem Buch:


 Ich lese sehr gerne Bücher über Ärzte/Notärzte und war darum besonders gespannt auf das Buch von Falk Stirkat.

Zum Inhalt

Falk Stirkat ist Notarzt und erzählt in diesem Buch von seinen spannendsten, wahnwitzigsten und auch tragischsten Fällen. Wie oft haben wir uns schon gefragt, wenn wir einen Notarztwagen an uns vorbeifahren sehen und hören, was da wohl passiert sein mag. Falk Stirkat gibt Einblick in die Arbeit eines Notarztes. Dabei sind seine Geschichten unterhaltsam und tragisch zugleich.
Oft gelingt es ihm und seinem Team, ein Menschenleben zu retten, aber leider auch nicht immer und auch das gehört zu der Arbeit eines Notarzes. Nicht immer können z.B. die Opfer eines Unfalls gerettet werden, auch wenn es zunächst danach aussieht. Falk Stirkat schildert z.B. auch den Fall eines jungen Mannes, der angefahren wird und trotz aller Rettungsbemühungen an seinen schweren Verletzungen verstirbt, was auch für einen Notarzt nicht immer leicht zu verarbeiten ist.

Doch es gibt auch die anderen Fälle, wo den Menschen geholfen werden kann und auch so manche skurile Begebenheit erlebt der junge Arzt. So wird ein Psychater auf einmal selber zum Patienten.

Die Arbeit eines Notarzes ist sehr vielseitig und das wird in diesem Buch deutlich.


Meine Meinung

Ich habe das Buch fast in einem Rutsch durchgelesen. Falk schreibt sehr sympathisch, manchmal humorvoll, manchmal tragisch, aber immer mit sehr viel Mitgefühl.
Man braucht auch keine medizinischen Vorkenntnisse, um das Buch zu lesen, denn es ist so geschrieben, dass es auch von einem Laien gut gelesen werden kann.
An manchen Stellen des Buches mußte ich schon schlucken, da wird die Tragik der Erlebnisse eines Notarztes doch bewußt, aber auch das gehört zu seinem Beruf, und ich finde es gut, dass Falk hier nichts beschönigt. Aber es gibt auch Fälle zum Schmunzeln, zum Nachdenken und Mitfühlen. Ein Buch, das wirklich gute Einblicke "hinter die Kulissen" eines Notarztes gibt.
Falk schreibt ohne Klischees und sehr ansprechend.

Originell ist natürlich auch der Buchtitel.

Fazit: Ein lohnenswertes Buch, das mir sehr gefallen hat!



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